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Avatar von Margot Dimi, das Wortweib🖋️

Ende der 1980er habe ich mein Publizistikstudium erfolgreich abgebrochen. Die alten Haudegen, die ich teilweise als Profs hatte, haben uns so Dinge gesagt, wer das Studium abschliesst, sei zu blöd für den Job und müsse in der PR sein Brot verdienen.

Dann arbeitete ich bei verschiedenen Zeitschriften und Magazinen und lernte relativ schnell, dass an fast allen Schreibtischen Lohnschreiber sassen und die Grenzen zwischen Werbung, PR und recherchiertem Artikel mehr als fliessend waren.

Ich habe auch erlebt, wie Herausgeber die Geschichten umgeschrieben haben, damit sie sich besser verkaufen. Und ich habe Redakteure gesehen, die nach dem Umschreiben noch schnell ihren Namen aus dem Artikel raus löschten.

Irgendwann hab ich frustriert in die Werbung gewechselt und ins Layout. Das war nicht das, was ich unter Journalismus verstand. Ich nannte es Journaille.

Das, was die Journaille treibt, das kann die KI locker und gerne ersetzen. Doch gerade in den vergangenen 5 Jahren hat sich gezeigt, dass es Journalisten gibt, die das wollen und umsetzen, was ich noch auf der Publizistik gelernt habe. Check, Gegencheck, Recheck. Echte Recherche. Nachhaken, wo es unbequem wird. Die auch die Konsequenzen tragen, wenn es einem System nicht passt, dass das veröffentlicht wird.

Und DIE kann keine KI dieser Welt ersetzen. Denn die KI ist eigentlich eine KR, eine künstliche, sauschnelle Recherche in dem, was in der allwissenden Müllhalde zu finden ist. Intelligenz, Phantasie und Empathie sind in der Lage, neues zu schöpfen. Und während die KR den Routinekram macht, kann der Mensch sich dem schöpferischen Akt hingeben.

Eine KI, um beim verbreiteten Begriff zu bleiben, kann auch keine Fakten checken. Denn es liegt an der Programmierung und dem Material, auf das die KI Zugriff hat. Wenn eine überwiegende Anzahl an Quellen schreibt, dass 2+2=5 korrekt ist, dann wird die KI das als Faktum präsentieren.

Für mich ist KI ein interessantes Werkzeug. Genauso wie mein Füller, mit dem ich jeden Tag meine Morgenseiten schreibe. Beides hat seine Faszination und seinen Einsatzbereich.

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Avatar von Katja Weinert

Ich feiere diesen Text. Und gleichzeitig weine ich still, gilt das hier Geschriebene doch für jeglichen Content, für jeden menschlichen Ausdruck, ob in Wort, Schrift oder Bild. Es wird zukünftig nur noch darum gehen, wofür wir morgens aufstehen und worin der tiefere Sinn des Lebens besteht. Viele werden das nicht schaffen.

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